Hutthurm Die weltweite Technologieführerschaft in vielen Branchen ist eine existenzielle Grundlage für den Wohlstand in Deutschland. Dass die Bedingungen aber immer schwieriger werden und dass uns andere Wirtschaftsmächte diese Position zunehmend streitig machen, wurde beim Technologie-Stammtisch der Mittelstands-Union (MU) im Hutthurmer Vorzeigeunternehmen WEHA-Therm deutlich. In der Gesellschaft gehe die Erkenntnis verloren, dass nur eine leistungsfähige Wirtschaft unseren Wohlstand und damit auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt sichere.
Der Kreisvorsitzende der MU Klaus Fiedler konnte zu diesem Treffen neben einer Reihe von Gästen Staatsminister a. D. MdL Franz Pschierer, Vizelandrat Raimund Kneidinger, Bezirksrat Josef Heisl und Bürgermeister Hermann Baumann im Neubau der WEHA-Therm besonders begrüßen. Fiedler dankte der Familie Freund, dass sie vor dem Gespräch zu einer Betriebsbesichtigung eingeladen habe. Geschäftsführer Daniel Freund führte anschließend, im Beisein seines Bruders und der Eltern, durch das neue Areal, in dem die Digitalisierung schon weit fortgeschritten ist.
Vor 50 Jahren sei die Firma von seinem Großvater Max Weber und dessen Partner Herbert Hahn gegründet worden. Durch Fleiß und weitsichtige Planungen sei das Familienunternehmer zu seiner heutigen Größe und wirtschaftlichen Stärke gelangt. Diesen neuen Teil der Produktionsanlagen habe man vor vier Jahren gebaut. Daniel Freund schilderte die Produktpalette, die Produktionsverfahren und die europaweiten Geschäftsbeziehungen. Der energieintensivste Teil des Betriebes sei der riesige Ofen, der mit Strom betrieben werde. Am 2. Mai gebe es zum Jubiläum einen Tag der offenen Türe.
Man müsse die Interessen der Wirtschaft wieder mehr in den Mittelpunkt stellen, verlangte der ehemalige Bayerische Wirtschaftsminister. Pschierer, der auch Landesvorsitzender der Mittelstand-Union Bayern ist, kritisierte den Spitzensteuersatz und die hohen Energiekosten, mit denen wir nur noch von Dänemark überholt werden. Die Wirtschaft brauche eine hohe Qualität bei der Energieversorgung. Dazu gehören neben dem Ausbau der Erneuerbaren auch die Gaskraftwerke. Die Höchststromlast müsse nämlich zuverlässig gewährleistet werden.
Der Norden habe die Windkraft, uns treffe der Ausstieg vom Atom- und Kohlestrom also umso stärker. Deshalb brauche der Süden leistungsfähige Übertragungsnetze. Ohne Leitungsbau werde es nicht gehen, die Zeit dränge. Der Ex-Minister nannte die Energie neben dem Fachkräftemangel als das große Thema der Zukunft. Zu vernünftigen Steuerregelungen meinte Pschierer, er verstehe den Hang mancher deutscher Politiker zum Sozialismus nicht. Man könne doch kein Wirtschaftsmodell gut finden, das in der DDR und im Osten abgewirtschaftet habe.
In der Folge verlangten die Gesprächsteilnehmer, es müsse der Mindestlohn auch in den ehemaligen Ostblockstaaten gelten, weil man mit diesen in Konkurrenz stehe. Das gleiche gelte für den Umstieg auf erneuerbare Energien. Es könne nicht sein, dass in Tschechien die Kernkraft und in Polen die Kohlekraftwerke weiter betrieben und sogar noch ausgebaut werden. Der Strom werde ja gehandelt, egal wo er her komme.
Die E-Mobilität werde in den nächsten Jahren nicht die große Rolle spiele, meinte Pschierer. Man müsse auch auf Hybrid und Wasserstoff setzen. Architekt Roland Schuster wies darauf hin, dass im Baubereich die Passivhäuser einen immer größeren Anteil bekommen. Auch gebe es viele Bereiche, in denen man durch energetische Sanierung Energie einsparen könne, wie beispielsweise in den Schulen und öffentlichen Gebäuden.
Kritisiert wurde auch, dass durch die Verpflichtung zu europaweiten Ausschreibungen unsere Nachbarn profitieren, die keinen Mindestlohn kennen, billigen Kohle- oder Atom-Strom erzeugen und hier auch keine Steuern zahlen. Pschierer riet dazu, kreativ zu sein, so wie die Österreicher, bei denen es für deutsche Firmen ungleich schwieriger sei, Aufträge zu bekommen, als umgekehrt. Bürgermeister Hermann Baumann beklagte die Schwierigkeit, neue Gewerbegebiete genehmigt zu bekommen.
„Wir produzieren im Landkreis sehr viel erneuerbare Energie“, meinte Raimund Kneidinger. Mit der Wasserkraft seien das sogar 140 Prozent. Sorge bereite das Arbeitszeit-Schutzgesetz, weil das zur Abwanderung von Pflegekräften nach Österreich führe, wo man in der Arbeitszeitgestaltung weit flexibler sein könne. „Da brauchen wir Lösungen“, betonte der Vizelandrat. Als es um die Nutzung der Wasserkraft ging, wies Bezirksrat Josef Heisl auf die Berücksichtigung der Anliegen der Fischerei und den Schutz der Gewässerfauna hin. Man brauche bei jeder Sperranlage eine vernünftige Fischtreppe um den Zug der Fische zu gewährleisten, verlangte der Bezirksrat, der stellvertretender Vorsitzender des Fischereiausschusses im Bayerischen Bezirketag ist.
In seinem Schlussstatement wies Unternehmer Michael Hasenberger auf die Standorttreue der Mittelständler hin. „Wenn‘s kritisch wird, gehen die Großen einfach weg, wir Mittelständler aber bleiben“, so Hasenberger. Die Energiewende könne auch nur europäisch gelingen. Denn was gewinnen wir, wenn wir Atomkraftwerke abschalten und wenige Kilometer entfernt in Temelin neue Reaktoren entstehen.
Bild: Daniel Freund (5.v.re.) erläuterte bei einem Rundgang den Gästen um Ex-Wirtschaftsminister Franz Pschierer (7.v.re.) die Produktion, v.re. Alfons Freund, Bürgermeister Hermann Baumann, Roland Schuster, Vizelandrat Raimund Kneidinger, sowie Michael Hasenberger (2.v.li.), Klaus Fiedler (4.v.li.), Bezirksrat Josef Heisl jun. (7.v.li.), Eduard Moser (10.v.li.), Gerlinde Freund (10.v.re.) und 2. Bürgermeisterin Edeltraud Stegbauer-Wagner (9.v.re.).