Von Josef Heisl
Nach einer Regelung des gemeinsamen Bundesausschusses müssen Kliniken ab dem 19. Mai 2023 neben den Fachabteilungen Innere Medizin und Chirurgie zusätzlich die Anforderungen an die Stufe der Basis-Notfallversorgung erfüllen. Diese Anforderung an die medizinischen Voraussetzungen führen zu einer erheblichen Einschränkung, ja sogar zu einer Bestandsgefährdung für ein in der Region unverzichtbares Krankenhaus, führt der Geschäftsführer der Gesundheitseinrichtungen im Landkreis Passau, Josef Mader in einem Brief an die Mandatsträger aus. Um auszuloten, was da zu tun sei, trafen sich Wegscheids Bürgermeister Lothar Venus und Kreis- und Bezirksrat Josef Heisl jun. am Krankenhaus Wegscheid.
Im Focus ist dabei auch das Krankenhaus Wegscheid. Als sogenanntes Sicherstellungshaus ist es ein für die regionale medizinische Versorgung unverzichtbares Krankenhaus. Würde es das Krankenhaus Wegscheid nicht geben, benötigen rund 12 000 Einwohner länger als 30 Fahrzeitminuten, um ein anderes Krankenhaus zu erreichen, schreibt Mader. Durch diese Anerkennung als Sicherstellungshaus erhält es bisher einen Sicherstellungszuschlag von 400 000 Euro. Gleichzeitig werden Sanktionszahlungen in Höhe von 60 Euro pro Patient vermieden.
Bezüglich der Basis-Notfall-Versorgung ist festzustellen, dass dann eine zentrale Notaufnahme-Station vorgehalten werden müsste. Zudem müsste eine Intensivstation mit mindestens sechs Betten, davon drei Beatmungsplätzen vorgehalten werden. Das wäre schon rein faktisch nicht möglich, weil das erforderliche Personal nicht akquiriert werden könnte, zitiert Josef Heisl aus dem Brief. So werde jetzt mit einem Federstrich ein wirtschaftliches Potenzial von 600 000 Euro pro Jahr entzogen. Da stelle sich schon die Frage, warum es hier keine Ausnahmeregelungen gebe, so Heisl weiter. Dieser vorgegebene Weg führe bei kleinen Krankenhäusern zu einem Sterben auf Raten.
„Gerade in der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, wie wichtig jedes Krankenbett ist“, mahnt Bürgermeister Lothar Venus. Auch er verurteilt, die Tendenz, dass durch Entzug von Leistungen kleine Häuser verheizt werden. Es gehe hier nur mehr um Betriebswirtschaft, der Arzt mit seinen Leistungen würden da gar nicht mehr zählen. Alte und Kranke dürfen halt nichts mehr kosten, ärgert sich der Bürgermeister. Das liege seiner Meinung nach auch an einer ganzen Armada von Krankenkassen, viele sind dazu auch noch eine AG’s, die ihre Aktionäre zufriedenstellen müssen.
Diese von der Wirtschaft diktierte Planwirtschaft müsse ein Ende haben. Es müsse Bereiche geben, wo der Staat die Hand drauf habe und nicht die Versicherungswirtschaft, macht der Bürgermeister deutlich. Die kleinen Krankenhäuser seien dann zwar noch da, aber die Leistungen würden Zug um Zug weggenommen. Nichts gegen die großen zentralen Häuser mit ihren breitgefächerten Angeboten, aber daneben müsse es auch weiterhin die Kleinen wie Wegscheid, Rotthalmünster und Vilshofen geben, sind sich beide einig. „Ein Krankenhaus ist auch nicht dazu da, Gewinne zu erwirtschaften“, mahnt Bezirksrat Josef Heisl jun., hier dürfe der Landkreis nicht alleine gelassen werden. Venus plädierte für einen Ausgleich zwischen mehreren Krankenhäusern. Er sieht in einer Art Hausarztmodell für die Krankenhäuser eine Möglichkeit der Zukunft. Jedenfalls müsse für junge Ärztinnen und Ärzte das Angebot attraktiv sein.
Gerade das Krankenhaus Wegscheid beweise seit Jahren, dass dort die Notfälle auf qualitativ hochwertigem Niveau versorgt werden. Medizinisch schwierige Notfälle, die dort nicht versorgt werden können, werden umgehend in die nächstliegenden Kliniken gebracht. Der durch die Gesundheitspolitik vorgegebene Weg einer ständigen Anhebung der Qualitätskriterien bedeute für kleine Häuser ein „Sterben auf Raten“, zitiert Josef Heisl aus Mader’s Brief. Nun schrecke die Politik nicht einmal mehr davor zurück, die Anforderungen für Sicherstellungshäuser so hoch zu schrauben, dass die Versorgung für die Bevölkerung einer ganzen Region gefährdet wird, heiße es da weiter.
Es könne nicht sein, dass gerade in einer Zeit der Corona-Pandemie die vorhandenen Krankenhausstrukturen, die sich auch im Landkreis Passau als segensreich erwiesen haben, verschlechtert werden, sind sich Venus und Heisl einig. Sie werden deshalb in einem Brief an das Bundesgesundheitsministerium die Situation schildern und fordern, dass der Beschluss rückgängig gemacht werde. „Sollten wir damit keinen Erfolg haben, dann lassen wir uns in Berlin einen Gesprächstermin geben“, erklären die beiden Mandatsträger, die sich auch weitere Unterstützung aus der regionalen Politik erwarten.